(This is the prologue to My 21. Century Fever Dream)
[ENG & GER]
Um welche Art von Text soll es sich im Folgenden also handeln?
Nennen wir es: Einen autofiktionalen Erlebnisbericht.
Auto weil selbst, Erlebnisbericht weil echt wahr1, und fiktional weil selbst der ehrlichste Versuch der Selbstdeutung und Selbstdokumentation zuletzt darauf zurück fallen wird, jenes ‘Selbst’ und dessen Erlebnisse zu fiktionalisieren, zu einer am Ende “sinnvollen” Geschichte auszuarbeiten, oder?
Nennen wir es: Ein performatives Tagebuch2.
Geschrieben in aller Aufrichtigkeit, jedoch stets den Blick der möglichen Leser*innen mit bedenkend, ihnen servierend. Ein Auftritt also.
Aber für wen? Euch? Oder mich? Mir selbst etwas vorspielend? Oder aber mich auf magische Weise er-schreibend. Doch lassen wir die Theorie bei Seite. Eine Performance, die sich denkt “If I can cash in on that. I will!”, oder: “Wer will mich kritisieren für diese oder jene problematische, scheinheilige, oder heuchlerische Scheiße? Es ist doch rein performativ zu verstehen. For sure…”
Aber wofür sonst? Vielleicht, um mich selbst zusammen zu halten? Mir einen Sinn zu basteln? Anders: Sinn aus mir, um und über mich und um mich herum zu produzieren? Meine eigene kleine Sinnmaschine inmitten dieser gähnenden Leere?
Es geht mir um ein Schreiben zwischen Selbstbetrachtung und -verwirklichung. Um die somatischen Verbindungslinien zwischen Text und Körper.
Schreiben als Embodiment.
Or just to cash in on it? Who can tell. Who cares. Who needs reasons to write anyways?
I don’t. You shouldn’t. Fuck that.
I try to transform my everyday life into literary production. And since I’m so busy living it, there’s just not enough time for fantasy and other-worldliness… True fiction, you know? How should I start to write fiction with this hungry ever present reality in the back of my neck? And how else should I grapple with this reality if not through fictionalizing it to some extend?
Because the way my reality is structured right now, I can only become my on project and the eye witnessing it.3
Is this a Coming-of-Age story by the way? Is this about me finally Coming of Age in my late twenties? I mean it is kind of a second puberty story.
But is it a ‘Transition Novel’?
Let’s say it is definitely part of it. But not all. I don’t want to confine myself to anything. Maybe it is a love story? Or a revolution story. A piece of smut, or just some silly experiment in associative textual production.
Possibly it’s all of the above.
Do you know this quote from Kim de l’Horizon’s Blutbuch?
Maybe this is what is inherently queer about autofiction: to start writing from a reality that repeats the fiction that we don’t exist. To start writing from a reality that isn’t real to us, that puts us in the realm of fiction. To produce ourselves through writing, to invent literary spaces that are other, hyperreal, utterly needed realities. Maybe this is why so many of us write ‘autofiction’: because we are still stories, because we aren’t real bodies yet.
That is definitely part of it.
Der Text ist in zwei Sprachen verfasst. Anders hätte er nicht entstehen können.
Er ist so geschrieben, wie er mir entgegen sprang.
Der Text spricht, wie ich spreche.
Wie meine Emotionen und Erinnerungen sprechen.
Ich versuche jeweils in der Sprache zu schreiben, die sich für das Gefühl und die Atmosphäre am ‘ehrlichsten’ anfühlt, was auch immer das heißen soll. Mit der es mir gelingt, die für mich jeweils wesentlichen Elemente einzufangen.
Hier denke ich etwa an Samuel Beckett, der bekanntlich sagte, dass er En attendant Godot in französisch schreiben musste. Er war kein Meister in dieser Sprache, nicht so wie im Englischen und deshalb gezwungen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Er wollte sich nicht in Ornamenten verlieren.
Ein anderer Aspekt des Misstrauens ist der, dass Deutsch4 die Sprache ist, in der mir beigebracht wurde, zu denken. Mich selbst und die Welt zu denken und zu beschreiben. Zugleich, von der Welt überschrieben zu werden. So wird mir das Englische zu einer weniger gezeichneten Sprache. Ein Raum, der dem Eigenen einen Platz gewährt. Noch einmal de l’Horizon:
The language that has other eyes than my mother tongue, the language in which I did not inherit your eyes and your mothers’ and your mother’s mother’s eyes, the language in which I don’t feel watched, the language that feels like a space of my own, no matter how incorrect.
Away (astray?) from the language I’ve learned to craft all my twisted narratives in.
The language that described me from the very beginning, through which I was described and overwritten. The language that gave me a ‘Self’ I tried to get rid off for all of my life.
It may be easier to think myself in another tongue, one that doesn’t distract me with the ornamentation of prose which obscures the things screaming to be told but hiding behind a shadow of shame and self-cencoring… It feels as if it was a more Cop-free language. A tongue that doesn’t threaten you with denunciation or some sort of Judgment of God[!]. Holy shit,
Wasn’t Germany the country which went like totally crazy on fascism anyway? And isn’t German the language that this dude Hitler spoke…? So… this shithole country can get canceled right away and I hereby officially distance myself from the German language, thank you.
Wenn diese Bedingung des Textes möglichen Leser*innen als Modeerscheinung oder elitäres Gehabe erscheinen mag, dann mag dem so sein.
Sorry, not sorry.
Und zuletzt noch eine Bemerkung zum Titel:
Hätte mir Knausgård nicht mit seinen hundertausendseitigen Abhandlungen über sein Leben die Möglichkeit dazu genommen, so hätte ich dieses, nennen wir es Manifest, wohl ‘Mein Kampf’ nennen können. Einfach aus dem Grund, dass der Skandal dieses Titels, gewählt von einem deutschen Neomarxist-Anarchist-Genderfuck T-Girl, die Verkaufszahlen sicher schon vor der Veröffentlichung in die Höhe getrieben hätte. Der gute Karl Ove hatte dies sicher auch im Kopf.
Da mir diese einmalige Gelegenheit jedoch genommen wurde, begnüge ich mich dementsprechend mit der Alternative, mein Vorwort #CancelGermany zu nennen, in der Hoffnung, dass es zumindest diejenigen Menschen in eine Schockstarre der Wut versetzt, deren reaktionäre Ausflüsse mir jeden Tag aufs neue Grund zum Nihilismus geben. Denn… eine trans Frau die dazu auffordert, Deutschland zu canceln?
Very scandalous, very 2023/24.
Very culture war and stuff.
So: Be gay, do crime.
Fuck the state.
Let’s do this.
Footnotes
1 True story, bro.
2 Im vollen Sinne des Performativitäts-Begriffs – mit Sicherheit Perfomance, ebenso und mehr jedoch auf Schöpfung ausgelegte Handlung.
3 Or, to quote Gore Vidal’s horrible Myra Breckinridge: “Nevertheless, I intend to create a literary masterpiece in much the same way that I created myself, and for much the same reason: because it is not there.”
4 Wie hart es klingt.
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